Die Dringlichkeit für wirksame Lösungen zur Bewältigung von Nachhaltigkeitsproblemen wird an den gegenwärtigen Herausforderungen wie dem eskalierenden Klimawandel, dem Verlust der biologischen Vielfalt oder geopolitischen Konflikten deutlich.

Die Bewältigung dieser vielschichtigen Herausforderungen erfordert einen kollaborativen oder "transdisziplinären" Ansatz zwischen Wissenschaft und Praxis, um gemeinsam evidenzbasierte und praxistaugliche Nachhaltigkeitslösungen zu entwickeln. Diese Zusammenarbeit ist anspruchsvoll und kann herausforderd zu gestalten sein, da sich die Wissensformen, Arbeitsweisen, Zeitlogiken und Ziele von Praxisakteuren und wissenschaftlichen Akteuren oft unterscheiden.

Es besteht zudem das Risiko, dass mangelnde Fachkenntnisse und Fähigkeiten in der Unterstützung transdisziplinärer Zusammenarbeit zu schwachen Partnerschaften oder unzureichendem Wissen zur Lösung von Nachhaltigkeitsproblemen führen können. Um eine gute und zielführende Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis zu erleichtern, haben sich ausgewiesene Expert:innen, die sogenannten Transdisciplinary Interface Managers (TI-Managers), als wichtige Funktion erwiesen.

Training für Forschungs-Praxis Schnittstellen-Koordinator:innen (Transdisciplinary Interface Managers)

Um die Professionalisierung dieser Rolle zu unterstützen, wurde ein Trainingsprogramm für transdisziplinäres Schnittstellenmanagement (Transdisciplinary Interface Management, TIM) entwickelt. Eine Gruppe von internationalen Expert:innen kam zusammen, um den Entwurf des TIM Training Programs zu begutachten. Die gemeinsame Begutachtung und damit verbundene, engagierte Diskussion desselben führte zu Empfehlungen für Entscheidungsträger:innen in Universitäten oder Hochschulen, die die transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung unterstützen wollen:

  • Um eine Forschung-Praxis Schnittstelle aufzubauen und zu pflegen, können Entscheidungsträger:innen die Forschung-Praxis Schnittstelle sowohl nach außen bekräftigen wie auch innerhalb ihrer Organisation unterstützen. Im Bezug auf letzteres können sie insbesondere dazu beitragen, interne Verfahren für die Beantragung und Verwaltung von Forschungsmitteln dahingehend anzupassen, dass die transdisziplinäre Zusammenarbeit gefördert wird.

  • Um die Forschung-Praxis Schnittstelle zu besetzen, können Entscheidungsträger:innen Stellen für Koordinator:innen einrichten und dabei zwei unterschiedliche, aber miteinander verknüpfte Funktionen kombinieren: Institutionelle TI-Manager:innen konzentrieren sich auf die Schaffung guter Partnerschaften und institutioneller Strukturen, um die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis langfristig zu erleichtern. Projektbezogene TI-Manager:innen konzentrieren sich auf die Unterstützung einer guten Zusammenarbeit in konkreten Projekten (z.B. durch Moderation von Sitzungen, Kommunikation, und Vermittlung zwischen unterschiedlichen Interessen) und einer zielgerichteten Zusammenarbeit (z.B. durch Sicherstellen, dass die Zusammenarbeit zu evidenzbasiertem Handlungswissen führt). Indem Entscheidungsträger:innen die komplementären Verantwortlichkeiten zwischen diesen beiden Rollen anerkennen, helfen sie, einen programmatischen Ansatz zu entwickeln, der die Fallstricke des derzeit dominanten, projektbasierten Ansatzes überwinden kann.

  • Um Kapazitäten in ihrer Organisation aufzubauen, können Entscheidungsträger:innen die Teilnahme an dem hier vorgestellten Trainingsprogramm anbieten. Zwar haben einige Universitäten bereits damit begonnen, TI-Manager:innen einzustellen, jedoch fehlt es vielen Personen, die in dieser Funktion aktiv sind, an soliden Strukturen der Unterstützung und Schulungsmöglichkeiten.

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Internationale Gutachter:innen (tdAcademy Fellow Group)

Die Begutachtung des Entwurfs des Trainingsprogramms erfolgte durch internationale Expert:innen, die über Erfahrungen im Umgang mit einer Vielzahl von Forschungs-Praxis Schnittstellen im Bereich Nachhaltigkeit verfügen. Basierend auf Schneider et al. (2024) repräsentieren die Expert:innen drei Typen von Schnittstellen:

  • Etablierte Schnittstellen unterstützen seit Jahren erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie waren vertreten durch Teilnehmende aus den USA, darunter aus der Wissenschaft (Portland State University, Fletcher Beaudoin) und der Praxis (City of Tempe, Dr. Braden Kay), sowie aus der Schweiz (ETH Zürich, Prof. Dr. Michael Stauffacher).

  • Die sich entwickelnden Schnittstellen definieren ihre Ansätze auf der Grundlage früherer Erfahrungen neu. Sie waren vertreten durch die Universität Utrecht in den Niederlanden (Geertje Speelman) und die Eberswalder Hochschule für nachhaltige Entwicklung (Judith Möhring) sowie die Nationale Autonome Universität von Mexiko (Tatiana Merino Benitez).

  • Aufstrebende Schnittstellen bauen ihre Kooperationsstrukturen noch weiter auf. Sie waren vertreten durch den Innovationscampus Nachhaltigkeit (Dr. Nina Kulawik, Dr. Dörte Peters, Miriam Jordan), das Karlsruher Institut für Technologie (Dr. Felix Wagner) und die Universität Freiburg mit der Professur für Finance, Controlling & Entrepreneurship (Prof. Dr. Stephan Lengsfeld) und der Humboldt-Professur für Nachhaltiges Lebensmittelmanagement (Prof. Dr. Arnim Wiek, Dr. David Sipple).

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Bemühungen, Transdisciplinary Interface Management (TIM) Trainings voranzutreiben

Diese Veranstaltung war ein wichtiger Meilensteine, solche Schulungen zu fördern. Sie bildete auch die Grundlage, um die Videoserie “Evidence from the Field” zu produzieren. In der Videoserie "Evidence from the Field" (Evidenz der Praxis) berichten institutionelle und projektbezogene TI-Manager:innen von ihren Erfahrungen, welche Praktiken zu erfolgreicher oder auch scheiternder transdisziplinärer Zusammenarbeit führen und welche Lehren sie daraus gezogen haben. Die Videos werden hier über die tdAcademy-Website verfügbar sein.

Die Videoserie ist zudem ein wichtiger Bestandteil des TIM-Trainingsprogramms. Dieses soll im Sommer 2025 fertiggestellt sowie im Herbst pilotiert und evaluiert werden.

Begleitend zum TIM-Trainingprogramm ist die Gründung einer “Community of Practice on TIM” geplant. Diese besteht im Kern aus den TI-Manager:innen, welche am Workshop zur Begutachtung des Entwurfs teilgenommen haben und steht auch weiteren Interessierten offen.

Hintergrund

Der Workshop zur Begutachtung eines Entwurfs für das TIM-Trainingprogramm wurde von Dr. Katja Brundiers und Alex Ramey, Transformational Sustainability Science Group und Prof. Dr. Arnim Wiek, Humboldt-Professor für Nachhaltige Ernährungswirtschaft und Co-Leiter der Gruppe, organisiert. Der Gastgeber für das Treffen war das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISÖE) in Frankfurt. Der Workshop wurde durch die Alexander von Humboldt-Professur für Nachhaltige Ernährungswirtschaft und das Fellowship-Programm der tdAcademy unterstützt.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Dr. Katja Brundiers, Co-Leitung, Forschungsgruppe Transformative Nachhaltigkeitswissenschaft, Universität Freiburg (Katja.Brundiers@zv.uni-freiburg.de)

Literatur

  • Brundiers, K., Wiek, A., & Kay, B. (2013). The role of transacademic interface managers in transformational sustainability research and education. Sustainability, 5(11), 4614-4636.

  • Krumm, C., Brundiers, K., Lang, D.J., Merino-Benítez, T., Wiek, A., & Lux, A. (2025, in review). Effectiveness of Transdisciplinary Interface Management in Sustainability Research. Sustainability Science.

  • Krumm, C. (2022). Institutional Development of Transdisciplinary Sustainability Research. The Role of Transacademic Interface Managers. [Master Thesis]. Leuphana Universität Lüneburg & Arizona State University.

  • Schneider, F., Wiek, A., Brundiers, K. et al. (2024). Institutionalisierung transdisziplinärer Forschung an Hochschulen. Forschungsantrag des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) GmbH und der Universität Freiburg.